BUND Kreisgruppe Pinneberg
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Laut Fleischatlas 2014 wurden 2012 in Deutschland etwa 750 Mio. Tiere geschlachtet, davon 58.350.000 Schweine und 627.941.000 Hühner. Und laut Fleischatlas 2013 „verbraucht“ eine deutsche Person durchschnittlich im Laufe eines Menschenlebens 1.094 Tiere, Hunde, Katzen und andere Haustiere nicht mitgerechnet.

Trotz Ertragssteigerungen kann die deutsche Landwirtschaft den Futtermittelbedarf für die deutsche Massentierhaltung bei Weitem nicht decken. Deshalb werden große Mengen von i.d.R. genmanipuliertem Soja importiert, insbesondere aus Südamerika. Aufgrund der Genmanipulation vertragen die Sojapflanzen Glyphosatbehandlungen in unbegrenzter Höhe und Anzahl. Bei den Produzenten in Südamerika handelt es sich um Agrarinvestoren oder –konzerne, die ihren Flächenbedarf decken, indem sie tropischen Wald und artenreiche Savannen vernichten und sich Land von Kleinbauern aneignen, teilweise durch Anwendung brutaler Methoden. Wegen der Glyphosatspritzungen, die i.d.R. mit Flugzeugen erfolgen, leiden die Menschen in der Nähe der Sojafelder unter zahlreichen Erkrankungen wie Missbildungen, körperliche Behinderungen, Hirnschäden und Herzfehler bei Neugeborenen, Krebs, Leukämie, Hautkrankheiten, Geschwüre, Allergien, Haarausfall, Atemwegserkrankungen, Erbrechen und Durchfall.

Neben sich ständig wiederholenden Veröffentlichungen von Verstößen gegen (eigentlich viel zu lasche) Tierschutzbestimmungen, ist die Massentierhaltung auch bei uns mit zahlreichen Kollateralschäden verbunden.

Beispiele:

  • Der Stickstoffdünger, dessen Herstellung mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden ist, der den Sojapflanzen (durch die Glyphosatspritzungen verlieren sie die ansonsten bei Leguminosen vorhandene Fähigkeit, Stickstoff aus der Luft zu binden) in Südamerika in großen Mengen zugeführt wird, landet bei uns über die Gülle zum großen Teil als Nitratüberschuss im Grundwasser.
  • Durch Antibiotikamissbrauch werden in Massentierfabriken multiresistente Krankheitserreger gezüchtet.
  • Der viel zu hohe Fleischkonsum führt zu Gesundheitsproblemen der Bevölkerung.
  • Global werden 70% der landwirtschaftlichen Nutzflächen für die Tierfütterung beansprucht. Nur 30% bleiben für die Produktion menschlicher Nahrungsmittel. Das erfordert eine Intensivlandwirtschaft mit Monokulturen, hohem Pestizideinsatz etc. mit den bekannten Folgen: Artensterben, Pestizidrückstände in Lebensmitten und im Grundwasser etc.

Werden die Funktionäre des Deutschen Bauernverbandes und anderer selbsternannter Lobbyisten der Bauernschaft mit Problemen konfrontiert, die eindeutig ganz überwiegend oder zumindest zum großen Teil auf die industrielle Landwirtschaft zurückzuführen sind, können sie nur eines: Dreist alles abstreiten und kategorisch ablehnen, irgendetwas zu ändern. Traurig ist, dass sie dabei das Bundeslandwirtschaftsministerium auf ihrer Seite haben. Einzelne Landespolitiker*innen, die sich für eine Agrarwende einsetzen, können der Übermacht der Kumpanei aus Bauernverband und Bundeslandwirtschaftsministerium kaum etwas entgegen setzen.

Beispiel Insektensterben: Wenn Insekten mit Insektiziden vergiftet werden, durch Herbizide blühende Wildpflanzen weitgehend aus der Agrarlandschaft verschwinden und artenreiches Dauergrünland durch Futteräcker oder bestenfalls artenarmes Dauergrünland mit wenigen Grasarten und kaum noch Blütenpflanzen ersetzt wird, dann ist die logische Folge eine erhebliche Beeinträchtigung der Insektenpopulationen. Wer in den letzten Jahren nicht blind durch die Landschaft gelaufen ist, konnte das bereits beobachten. Dass der Entomologische Verein Krefeld in einer Studie ein Biomasse-Verlust bei Fluginsekten von mehr als 75 Prozent zwischen 1989 und 2015 ermittelt hat, bestätigt also nur quantitativ, was qualitativ seit langem beobachtet werden konnte und ohnehin zu erwarten war. Die Reaktion der Bauernverbandsfunktionäre auf die Studie ist deshalb komplett absurd: Erstens wird das Ergebnis der Studie angezweifelt und zweitens wird angezweifelt, dass die Landwirtschaft überhaupt etwas mit dem Insektensterben zu tun hat. Stattdessen fordern sie, die komplexen Ursachen des Insektensterbens zu erforschen. Klar, kann man machen. Wenn aber die Landwirtschaft weiter macht wie bisher, bis die Ursachen erforscht sind, wird es für viele Insektenarten zu spät sein.

Beispiel Antibiotika im Grundwasser: Im Niedersächsischen „Schweinegürtel“ (Landkreise Cloppenburg und Vechta) wurde 2014 im oberflächennahen Grundwasser das bei der Schweinemast verwendete Antibiotikum Sulfadimidin nachgewiesen. Der Kreislandvolkverband Cloppenburg (die dortige Bauernlobby) schiebt die Schuld auf andere: Ursache sei die Humanmedizin, denn bis Anfang der 1990er-Jahre wurde das Medikament auch hier eingesetzt. Klar, klingt glaubwürdig. Schließlich gab es Anfang der 1990er-Jahre noch keine Toiletten. Die Menschen – vor allem die, die das Medikament geschluckt hatten – mussten also nach draußen, um ihr Geschäft zu verrichten, und haben so das  Antibiotikum auf den Böden verteilt. Dort hat es dann etwa 20 Jahre gewartet, um sich schließlich auf den Weg nach unten zu machen. Im Jahr 2014 ist es dann endlich im oberflächennahen Grundwasser angekommen. Ganz anders verhält sich dagegen das Antibiotikum, wenn es mit der Schweinegülle auf den Böden verteilt wird: In diesem Fall verflüchtigt es sich auf wundersame Weise innerhalb kürzester Zeit, so dass es schon verschwunden ist, bevor es im oberflächennahen Grundwasser ankommen kann. Fazit: Die Schweinemäster sind unschuldig. Schuld ist die Humanmedizin. Eine umwerfende Logik, die sicherlich jeder denkende Mensch sofort nachvollziehen kann.

Die EU-Kommission hat kürzlich symbolhaft drei extrem bienengefährliche Insektizide verboten. Für die Landwirtschaft bringt das kaum Einschränkungen, da die Wirkstoffe problemlos durch andere ähnlich wirkende (und damit ähnlich gefährliche) ersetzt werden können. Dennoch gab es ein großes Protestgeschrei des Bauernverbandes gegen die Verbote.

Teile der Zivilgesellschaft, möglicherweise sogar die Mehrheit der Bevölkerung (leider nicht die Bundesregierung) haben verstanden, dass wir eine andere Landwirtschaft brauchen, dass die chemieintensive, von Futtermittelimporten, Fertigproduktexporten und Agrokonzernen abhängige industrielle Landwirtschaft in die Sackgasse führt. Dafür gibt es einen Begriff: Agrarwende. Aber selbstverständlich wird auch eine Agrarwende vom Bauernverband mit großer Empörung abgelehnt.

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