BUND Kreisgruppe Pinneberg

Earth Overshoot Day: Sämtliche natürliche Ressourcen für 2017 sind aufgebraucht

Am 2. August 2017 waren laut Global Footprint Network (GFN) bereits sämtliche Rohstoffe und Naturleistungen aufgebraucht, die von der Erde innerhalb eines Jahres bereitgestellt werden können. Den Rest des Jahres leben wir von der Substanz und somit auf Kosten zukünftiger Generationen. Das GFN berechnet für jedes Jahr den Tag neu, an dem der Ökologische Fußabdruck der Menschheit, also die Inanspruchnahme der Natur durch den Menschen, die Biokapazität der Erde übersteigt. Diesen Termin nennt man den „Welterschöpfungstag“ oder „Earth Overshoot Day“ (oder Erdüberlastungstag), und er wird in jedem Jahr früher erreicht.“ (Zitat von https://plattform-footprint.de/2017/08/earth-overshoot-day-2017/). 

Das Datum bezieht sich auf „Rohstoffe und Naturleistungen, die von der Erde innerhalb eines Jahres bereitgestellt werden können.“ Viele Rohstoffe erneuern sich aber nicht (mehr). Dazu gehören die fossilen Energien, die von der Erde hauptsächlich im Zeitraum vor 100 – 400 Mio. bereitgestellt wurden. Der Erdüberlastungstag drückt also die wahren Verhältnisse nur zum Teil aus. Interessant wird es aber, wenn die Erdüberlastungstage in eine zeitliche Reihenfolge gebracht und in einen „Übernutzungsfaktor“ umgerechnet werden. Der 2. August entspricht bspw. einem globalen Übernutzungsfaktor von 1,71. D.h. derzeit lebt die Menschheit, als hätte sie 1,71 Erden zur Verfügung (Tabelle oben links). Würden alle Menschen auf dem Planeten leben wie die Deutschen (im Durchschnitt), wären sogar 3,2 Erden erforderlich. 

Werden die Daten in ein Diagramm übertragen (oben rechts neben der Tabelle), wird erkennbar, dass die Anzahl Erden, die die Menschheit im globalen Durchschnitt benötigt, im Zeitverlauf exponentiell wächst. Wird die Punktreihe nach rechts oben fortgesetzt, wird außerdem erkennbar, dass voraussichtlich schon vor dem Jahr 2030 der globale Übernutzungsfaktor den Wert von 2 überschritten haben wird. Die 1. Frage, die sich eigentlich jede(r) selbst beantworten kann, lautet: Ist eine Übernutzung der Erde dauerhaft möglich? Und wenn nein, dann lautet die 2. Frage: Wann werden die Folgen der Übernutzung so massiv, dass das ganze globale ökologische und ökonomische System kollabiert?

Als Dennis Meadows, der Leiter eines Teams aus 17 internationalen Wissenschaftlern am Massachusetts Institute of Technology, im Jahr 1972 das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ vorstellte, nannte er 5 grundlegende Schlussfolgerungen: 

  1. Es gibt materielle Grenzen des Wachstums, die unter den gegebenen Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit bis in die Generation unserer Kinder hineinreichen.
  2. Falls wir diese Grenzen weiterhin ignorieren, indem wir uns auf kurzfristiges Handeln beschränken, werden wir über sie hinausschießen und damit einen Kollaps riskieren.
  3. Die dritte Schlussfolgerung ist, dass es machbare Alternativen zu diesem Szenario gibt. Eine davon ist, die Bevölkerung und die Güterproduktion in eine Balance mit unserer Umwelt und den vorhandenen Ressourcen zu bringen.
  4. Die vierte Schlussfolgerung ist, dass es realistischerweise mindestens 50 – 100 Jahre dauern wird, bis wir diese Alternativen geordnet umsetzen können.
  5. Und schließlich – und das halte ich für extrem wichtig – ist Eile geboten. Jedes Jahr, in dem wir nicht beginnen, unsere Ziele zu formulieren und uns in diese Richtung zu bewegen, erschwert den geordneten Wandel hin zu einer stabilen Situation und schränkt die dafür bestehenden Möglichkeiten ein. 

Im Jahr 2012 sagte Meadows auf einer Veranstaltung in Washington DC: „Vor 40 Jahren habe ich folgende Frage gestellt: Wie kann eine globale Gesellschaft den Menschen ein gerechtes, friedliches, angemessenes und anständiges Leben ermöglichen? Jetzt, 40 Jahre später, wird diese Frage allmählich ernst genommen und ich stelle besorgt fest, dass die Antwort auf diese Frage heute anders ausfällt als vor 40 Jahren. Damals wäre es theoretisch noch möglich gewesen, auf die Bremse zu treten, um in ein Gleichgewicht zu kommen. Das ist heute nicht mehr möglich.“

Anders formuliert: Selbst wenn die Menschheit jetzt sofort radikal „auf die Bremse treten“ würde mit dem Ziel, den globalen Übernutzungsfaktor allmählich wieder unter 1 zu drücken, ließe sich heute der globale Kollaps nicht mehr vermeiden. Es ist zu befürchten, dass er recht hat, denn von den genannten 50 – 100 Jahren für die Umsetzung von Alternativen sind heute bereits 46 Jahre weitgehend ungenutzt verstrichen. Zweifelhaft ist aber seine Einschätzung, dass seine 1972 gestellte Frage, wie eine globale Gesellschaft den Menschen ein gerechtes, friedliches, angemessenes und anständiges Leben ermöglichen kann, heute allmählich ernst genommen wird. Treffen sich die Machteliten des Planeten auf irgendwelchen Weltwirtschaftsgipfeln oder Bilderberg-Konferenzen, beraten sie nicht darüber, wie der globale Kollaps vielleicht doch noch abgewendet werden könnte, sondern suchen krampfhaft nach Möglichkeiten, wie das Wirtschaftswachstum weltweit beschleunigt werden kann. Sie sind sich alle einig: Die Weltwirtschaft „leidet“ unter einer „ extremen Wachstumsschwäche“. 2014 und 2015 ist das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) jeweils „nur“ um 3,4% gewachsen. Eine große Katastrophe. Schließlich verdoppelt sich die Weltwirtschaft bei 3,4% jährlichem Wachstum nur alle 20,73 Jahre. Diese Menschen (incl. der Physikerin und ehemaligen Umweltministerin Angela Merkel) sind in ihrem vom unerschütterlichen Glauben an die Notwendigkeit ewigen Wachstums geprägten trügerischen Weltbild derart gefangen, dass sie Naturgesetze einfach ignorieren und verdrängen. Oder sie halten sich für mächtig genug, Naturgesetze für ungültig erklären und durch ökonomische Gesetze ersetzen zu können. Und sollten sie irgendwann ´mal merken, dass sie sich damit gewaltig geirrt haben, wird es endgültig zu spät sein.

Mehr dazu: https://www.youtube.com/watch?v=ahRxeG4Gnzk und https://www.overshootday.org/newsroom/press-release-german/  

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